Papitzer Lehmlachen, 04.06.2017

17:45 Uhr – 21:15 Uhr, 19°C, heiter
Ich bin schon gestern morgen hier gewesen, Dunst lag über den Wiesen, und die Mücken waren so hungrig, daß ich nach zwanzig Minuten an der Hand, mit der ich das Mikrofon hielt, zehn Stiche hatte. Als es dann noch anfing zu regnen, bin ich zurück nach Hause gefahren. Auch heute hat es den Tag über geregnet, erst am Nachmittag haben sich die Wolken verzogen, das Wasser tropft noch von den Bäumen. Die Goldammer ruft, eigentlich sind es sogar zwei, eine sitzt auf der anderen Seite der Wiese, die andere direkt am Tümpel. Ich kann mich bis auf wenige Meter nähern, sie schaut herab, singt, keine Spur von Scheu, als wisse sie, daß ich nicht das richtige Mikrofon dabei habe, um sie aufzunehmen. Am Tümpel steht ein Mann mit Zigarette im Mund und treibt seinen Hund ins Wasser. Ohne daß er mich gesehen hat, gehe ich hinüber zum anderen Ufer. Aber auch von dort ist er zu hören wie er entweder in sein Telefon keift oder dem Hund Befehle gibt. Der Hund, groß und braun und mit geknautschtem Gesicht, tut wie ihm geheißen und zerwühlt das Wasser. Später kommen noch Reiter, dann noch ein Paar mit Zigaretten und Hund. Und immer ist es das Ziel, die Tiere ins Wasser zu bekommen, der muß ja auch mal baden dürfen so ein Hund, und so ein Pferd seine Füße kühlen. Ich warte versteckt im Gebüsch, mit einem Druck auf der Brust, bis Menschen und Hunde und Pferde verschwunden sind. Dann lasse ich die Mikrofone ins Wasser, da schlägt ein Insekt einen Rhythmus, laut und aufgeregt, als müsse es den Tümpel verteidigen.

Auf der anderen Seite sind von den Menschen die Spuren in der feuchten Erde und eine leere Zigarettenschachtel zurückgeblieben. Das Wasser ist noch trüb, aber den Geräuschen nach hat sich das Leben Unterwasser schon wieder beruhigt.

Ich hebe die Zigarettenschachtel auf, die Spuren in der Erde sinken langsam ein, der Tümpel vergißt die Störung, und kurz habe ich eines dieser Bilder von Tschernobyl im Kopf, das menschenleer zurückgelassen langsam überwuchert wird.
Auf dem Weg zum anderen Tümpel treffe ich noch ein paar Herren, die gerade ihre leeren Bierflaschen in den Rucksäcken verstauen und dann die Fahrräder besteigen. Die Sonne scheint gerade noch über die Baumwipfel, wenn es dämmert ziehen sich die Menschen aus dem Wald zurück. Das ist kein Ort für uns in der Nacht. Auf dem Tümpel schwimmt eine Gruppe Schellenten, ein Nutria paddelt vorüber, blau blitzt ein Eisvogel auf, läßt sich nieder und zeigt seine rote Brust. Die Frösche begrüßen die Dämmerung. Die Mücken kommen, Zeit zu gehen.

bemtevi